Brückenunglück in Baltimore Hochseekapitän: „Naheliegend, dass es Probleme mit der Ruderanlage gab“

In den USA hat ein Containerschiff eine Brücke gerammt, das Bauwerk stürzte ein. Quelle: AP

Experten rätseln über die Ursache, warum ein Containerfrachter eine Brücke in Baltimore zum Einsturz gebracht hat. Ein erfahrener deutscher Seemann hat eine plausible Erklärung.

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Die Kollision eines Containerschiffes mit der Francis-Scott-Key-Brücke im Hafen von Baltimore, die zum Zusammenbruch dieser führte, gibt weiter Rätsel auf. Inzwischen kursiert ein Überwachungsvideo im Internet. Es deutet darauf hin, dass auf dem riesigen Frachter kurz vor dem Unglück mehrfach der Strom ausgefallen ist. Zwischen den Ausfällen änderte das Schiff abrupt die Richtung.

Die Ursachensuche läuft noch. Ein hochrangiger deutscher Kapitän, der selbst jahrzehntelang auf den Weltmeeren unterwegs war, hält einen ganz bestimmten Defekt für eine plausible Erklärung: „Das Schiff fuhr ja. Wenn sich dann plötzlich die Richtung ändert, ist naheliegend, dass etwas mit der Ruderanlage nicht in Ordnung war.“ Aber sicher sei das natürlich noch nicht.

Nicht vorstellen könne sich der Experte dagegen, dass es an einem Ausfall des Radars gelegen hat. „So dicht davor sieht man das Hindernis. Es war ja keine schlechte Sicht“, sagt er. Zudem dürften Lotsen an Bord gewesen sein. Tatsächlich berichtet das „Wall Street Journal“, dass sich zwei Lotsen auf der Brücke des Schiffes befunden haben. 

Was war mit Reservesystem?

Sollte tatsächlich die Ruderanlage schuld gewesen sein, wirft das weitere Fragen auf. Moderne Schiffe haben in der Regel ein Reservesystem, das einspringt, wenn das Hauptsystem versagt. „Dass das an einem Mangel an Strom gelegen hat, kann natürlich sein. Auch, dass sich die Ruderanlage dann zu diesem unglücklichen Zeitpunkt, wo der Pfeiler in der Nähe war, nicht mehr steuern ließ.“ So könnte es einen Moment gedauert haben, bis die Hilfsgeneratoren anspringen. Laut „New York Times“ soll das Schiff kurz vor dem Unfall einen Ausfall des Antriebs vermeldet haben.



Das Video könnte zudem darauf hindeuten, dass die Besatzung des Schiffes nach dem ersten Stromausfall zu heftig eingelenkt und das Schiff damit auf einen falschen Kurs gebracht hat.

Für den Experten ist das zum jetzigen Zeitpunkt aber nur Spekulation. Das FBI teilte inzwischen mit, dass es keine Anhaltspunkte habe, dass Terrorismus hinter dem Zusammenstoß steckt. Die US-Verkehrssicherheitsbehörde NTSB hat inzwischen die Ermittlungen vor Ort aufgenommen.

Nach dem Brückeneinsturz in Baltimore kündigt Biden finanzielle Hilfe an. Die Brücke und der Hafen sind wirtschaftlich bedeutend: Für mindestens einen deutschen Autobauer ist der Zugang zum Importterminal versperrt.
von Thomas Stölzel, Hendrik Varnholt

Bei dem Unglücksfrachter handelt es sich um die „Dali“, ein 300 Meter langes Containerschiff, das 2015 in Dienst gestellt wurde und unter der Flagge Singapurs unterwegs ist.

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